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Genetik

Weitere Gene für Linkshändigkeit identifiziert

Bei Linkshändern liegen auch seltene, proteinkodierende Genvarianten vor

Linkshänder
Linkshändigkeit zeigt sich auch an den Genen. © fizkes/ Getty Images

Linke DNA: Genetiker haben weitere Gene für Linkshändigkeit identifiziert. Demnach kommen bei Linkshändern offenbar auch seltene, proteinverändernde Genvariationen vor, die wahrscheinlich eine veränderte Asymmetrie im menschlichen Gehirn bedingen. Interessanterweise überschneiden sich einzelne Genmutationen mit denen von Menschen mit Schizophrenie oder Autismus, die ihrerseits wiederum überdurchschnittlich stark zur Linkshändigkeit neigen.

Rund zehn Prozent aller Menschen sind Linkshänder – und das über alle Kulturen und Zeitalter hinweg. Die Präferenz für die linke Hand ist somit eher angeboren als anerzogen und lässt sich sogar schon auf Ultraschallfotos erkennen. Denn ab der 13. Schwangerschaftswoche nuckeln Babys meist entweder bevorzugt am rechten oder am linken Daumen. Auch Zwillings- und Familienstudien legen nahe, dass Linkshändigkeit zu rund 25 Prozent erblich bedingt sein könnte.

Doch welche Gene genau sehen bei Linkshändern anders aus als bei Rechtshändern? Frühere Bevölkerungsstudien konnten etwa mutierte „Linkshänder-Gene“ identifizieren, die den Bauplan für sogenannte Mikrotubuli enthalten – röhrenförmige Proteinstrukturen, die die Zelle wie ein Skelett stützen. Ist das Gen mit dem Bauplan verändert, sind es auch die fertigen Mikrotubuli. Doch inwiefern dieser Umstand Linkshändigkeit bedingt, ist noch weitgehend unerforscht.

Auf der Suche nach dem Linkshänder-Gen

Um mehr über die genetischen Grundlagen der Handdominanz herauszufinden, haben Forscher um Dick Schijven vom Max Planck-Institut für Psycholinguistik im niederländischen Nijmegen nun ein groß angelegtes DNA-Screening durchgeführt. In die Analyse flossen genetische Daten von über 350.000 in der UK Biobank verzeichneten Personen ein – davon rund 38.000 Links- und 313.000 Rechtshänder. Indem Schijven und sein Team das genetische Bild beider Gruppen miteinander verglichen, konnten sie für Linkshänder typische Genmuster aufspüren.

Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf dem sogenannten Exom der Probanden – jenen Regionen in der DNA, die Informationen für die Herstellung von Proteinen enthalten. Es ist bekannt, dass diese DNA-Abschnitte bei Menschen mit neurologischen Entwicklungsstörungen wie Autismus oder Schizophrenie verändert sind – Bevölkerungsgruppen, die ihrerseits stärker zur Linkshändigkeit neigen als der Durchschnitt. Schijven und seine Kollegen hofften daher, im Exom auch neue Hinweise auf den Ursprung der Linkshändigkeit zu finden.

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Genvarianten beeinflussen Hirnasymmetrie

Das Ergebnis: Auf dem Exom von Linkshändern befinden sich tatsächlich einige seltene, proteinkodierende Genvarianten, wie die Forscher berichten. Unter anderem fanden Schijven und sein Team heraus, dass das Gen TUBB4B bei Linkshändern 2,7-mal häufiger in einer abgewandelten Form vorliegt als bei Rechtshändern. Es enthält ebenso wie Genfunde aus früheren Studien den Bauplan für ein Mikrotubuli-Protein.

„Dieses Ergebnis ist ein weiterer Beleg für die Beteiligung von Mikrotubuli an der Asymmetrie des menschlichen Gehirns“, betonen die Genetiker. Es wird angenommen, dass sich diese Asymmetrie bei Linkshändern durch die Dominanz der rechten Gehirnhälfte bei der Steuerung der linken Hand ausdrückt. Bei Rechtshändern ist es genau andersherum. Die Genese der Mikrotubuli könnte demnach bestimmen, in welche Richtung die Asymmetrie ausschlägt, so die Forscher.

Wenn ein Mensch die seltene TUBB4B-Variante besitzt, ist er zwar mit hoher Wahrscheinlichkeit Linkshänder, doch insgesamt haben die seltenen, proteinkodierenden Genvarianten offenbar nur geringen Einfluss auf die Erblichkeit von Linkshändigkeit. Sie tragen nur knapp ein Prozent dazu bei, wie Schijven und seine Kollegen ermittelt haben.

Wie hängen Autismus und Linkshändigkeit zusammen?

Gleichzeitig zeigen die Funde im Erbgut, dass Menschen mit neurologischen Entwicklungsstörungen wie Autismus oder Schizophrenie nicht ohne Grund stärker zur Linkshändigkeit neigen. Denn wie die Forscher herausgefunden haben, stehen zwei für diese Störungen typische Genvarianten auch mit Linkshändigkeit in Verbindung. Betroffen sind demnach die Gene DSCAM und FOXP1, die im weitesten Sinne eine veränderte Hirnasymmetrie bedingen können. (Nature Communications, 2024; doi: 10.1038/s41467-024-46277-w

Quelle: Nature Communications

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